pizzicato 2006/09 und Partituren 2006/11
Folgende Kritik über diese Cd ist in den Zeitschriften pizzicato und Partituren erschienen:
"[...] ein wundervolles Stück, mit einer einfallsreichen und phantasievollen Geschichte um eine von Dorf zu Dorf ziehende Theatertruppe, die ihrem Publikum wahre Wunder vorführen will. Das Libretto fußt auf einem Intermezzo von Miguel Cervantes und hat entsprechende Qualitäten.
Das skurril-lustige Werk wird vom Osnabrücker Ensemble unter der präzisen Leitung von Hermann Bäumer tadellos aufgeführt. Da es nur 35 Minuten dauert, wurde die CD mit einem Gespräch zwischen dem Dirigenten und dem Komponisten vervollständigt, was eine wirklich gute und bereichernde Idee ist. Das hoch interessante Gespräch mit einem der spannendsten Komponisten unserer Zeit sollte der Hörer vor der Oper als Einführung hören.
Lob verdient der Herausgeber für das reich bebilderte Booklet!"
Klassik.com
Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert:
Booklet:
Oper der Imagination
Uwe Schneider von klassik.com schrieb am 23.11.2006 Folgendes zu dieser Cd:
"Ein Beispiel, das in Deutschland Schule machen sollte! Das Theater Osnabrück hat mit Hans Werner Henzes frühem Einakter ‚Das Wundertheater’ (1948/1964) seine Produktion einer relativ unbekannten Oper auf Tonträger festgehalten. Wenn man sich überlegt, wie viele Entdeckungen, Ausgrabungen, Erst- und Uraufführungen es jährlich an deutschen Musiktheatern gibt und wie einfach es technisch mittlerweile geworden ist, diese auf Tonträger festzuhalten und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, dann muss man sich schon schwer wundern, wie gering die Ausbeute ist. Blickt man nach Italien oder Frankreich kann man leicht sehen, dass das auch anders geht – und den Bühnen zudem noch entsprechendes Renommee einbringt. Das sollten deutsche Musiker und Bühnenleiter bedenken, ehe wieder rechtliche Schwierigkeiten, Tarifverträge und sonstige Hindernisse herhalten müssen.
Neoklassizismus der Nachkriegsjahre
Hans Werner Henzes ‚Wundertheater’ greift auf eines der vielen Intermezzi von Miguel Ceravantes zurück und war 1948/49 sein erstes Werk für das Musiktheater, konzipiert für Orchester und Schauspieler. Eine Neufassung für Sänger, auf der auch die Osnabrücker Produktion basiert, entstand 1964/65 für die Städtischen Bühnen Frankfurt am Main. Die Musiksprache der kleinen Oper mit ihrer guten halben Stunde Spielzeit ist einem neo-klassizistischer Stil verwandt, den auch Henzes Lehrer Wolfgang Fortner damals recht erfolgreich pflegte und den Komponisten wie Strawinsky und Hindemith populär gemacht hatten. Musik soll Theater machen, sagt Henze sinngemäß in einem Interview, das der CD beigegeben ist.
Die 21 Stücke der Oper tragen Satzbezeichnungen wie Ballade, Cantilène, Moment musical, Rhapsodie usw. und verweisen – neben der Spielerei dahinter – auf die Nummernhaftigkeit der Dramaturgie. Die Geschichte selbst ist eine Art ‚Kleider machen Leute’-Variante, in der eine Theatertruppe den Bewohnern eines Dorfes mit angeblichen ‚Wunderdingen’, die freilich gar nicht stattfinden, an der Nase herumführt. Nur wer in christlicher Ehe gezeugt wurde, könne die Theaterwunder sehen. Da will natürlich keiner zugeben, dass er nichts sieht. Die beschreibenden Worte der Theaterleute reichen aus. Henzes kleine Parabel über die Wahrheit, die öffentlichen Meinung und die Manipulation der Masse hat zeitlose Aktualität. Das Werk ist jedoch auch eine jener typischen Opern der Nachkriegsjahre, die politisches Theater sein wollen. Für Henzes künftiges Schaffen darf man hier eine Urzelle sehen.
Unter der aufgeweckten und präzisen musikalischen Leitung des Osnabrücker Generalmusikdirektors Hermann Bäumer singt ein elfköpfiges Ensemble des Theaters Osnabrücker mit großer Plastizität. Das lässt auch beim bloßen Hören das Theater im Kopf entstehen. Es sind im besten Sinne gute Ensemblesänger, mit allen Vor- und Nachteilen der verschiedenen Stimmtypen eines Stadttheaters. Niemand drängt sich auf, niemand fällt qualitativ nennenswert ab. Man kann die musikalische Umsetzung als geglückt bezeichnen, vor allem im farbigen, transparenten Kammerorchester, das bis hin zu Jazzanklängen und zur Zwölftontechnik, mit der sich Henze damals beschäftigte, geführt wird.
Das schön gestaltete Booklet enthält zwar kein Libretto, aber die Handlung als Bildergeschichte mit Fotos der Osnabrücker Inszenierung von Thilo Borowczak im Bühnenbild Harald Stiegers. Ein Gespräch des Dirigenten mit Hans Werner Henze vom Mai 2005 rundet die CD ab."